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Globales Miteinander
 

Was Russland will

von Klaus Buschendorf

Dieser Artikel will informieren unter Verwendung von Aussagen, die in Europa völlig unbekannt sind. Es sind die Pressekonferenz, die Putin noch als Präsident am 06.06.2007 anlässlich der G8-Konferenz gab und der Artikel „Die USA sind keine Supermacht, sondern eine bankrotte Farce“ von Paul Craigh Roberts, stellvertretender US-Finanzminister a. D. auf der www.counderpunch.org vom 13.08.2008.

Beide Dokumente sind auf der Homepage unserer Zeitung anmoderiert und dort im vollen Umfang nachlesbar. Allenthalben liest man im Blätterwald, dass ein neuer „Kalter Krieg“ drohe und Russland sei daran schuld. Wenn schon ein neuer „Kalter Krieg“ bemüht wird, ist es ratsam, an das Ende des alten „Kalten Krieges“ zu erinnern. Mit seinem Ende starben die Sowjetunion als Supermacht und ihre „sozialistischen Bruderländer“. Der Warschauer Vertrag löste sich auf. Die NATO, gegründet als „Verteidigungsorganisation nordatlantischer Staaten“ gegen die „kommunistische Bedrohung“ blieb bestehen.

Gorbatschow schloss noch mit Reagan ein Abkommen, welches festschrieb, dass die NATO ihre damalige Grenze nicht überschreiten werde. (Deutschland bildete eine Ausnahme, weil man das Territorium eines Staates militärisch nicht teilen mochte.) Damals waren Vereinbarungen zur Abrüstung und Nichtweiterverbreitung von Waffen in Kraft, um Kriegsgefahren zu vermindern.

Die Sowjetarmee wurde aufgeteilt auf die Nachfolgestaaten. Atomwaffen verblieben bei Russland, alle Mittelstreckenraketen hinter dem Ural. Die Nachfolgestaaten vereinbarten weiter, die Grenzen gemeinsam zu bewachen von einer Friedenstruppe, die Russland unterstellt blieb.

Der russische Präsident Jelzin ließ zu, dass Einzelpersonen sich aus dem „Volkseigentum“
bereicherten und riesige wirtschaftliche Imperien schufen. Danach versank die Russische Föderation in ein Chaos. Russland verschuldete sich hoch. Lebensstandard und Lebenserwartung der Russen sanken dramatisch.

Russische Autoren jener Zeit schrieben, dass die Jelzin-Jahre der „Schmuda“ glich. In der russischen Geschichte ist das die Zeit zwischen der Befreiung von der Mongolenherrschaft bis zur Staatsfindung. Sie endete mit Iwan, dem Schrecklichen. Danach stieg Russland mit Peter, dem Großen und später der anhaltinischen Prinzessin Sophie (besser bekannt als Zarin Katharina, die Große) in die Reihe europäischer Großmächte auf.

So kommt es wieder, schrieben damals russische Autoren, Russland ist stark. Hatten sie recht?

Als Putin von Jelzin die Macht übernahm und solche „Schmuda“ im Lande herrschte, hielt der alte Partner USA seine Verträge mit Russland nicht mehr ein. Die NATO, eigentlich überflüssig geworden, war an Russlands Grenzen gerückt. Im Lande handelte Putin mit seinen „Oligarchen“ ähnlich wie weiland Iwan, der Schreckliche mit den Bojaren. Er rief sie zusammen und stellte klar: Über eure Reichwerdung reden wir nicht mehr. Bedingung: Der Staat erfüllt, was des Staates ist, und ihr hindert ihn nicht. Ihr handelt, wie ihr als Kapitalisten handeln müsst, und erkennt die regelnde Rolle des Staates an. Bis auf einen unterwarfen sich alle Oligarchen.

Seitdem hat Russland
- jährlich 6,9% Wachstum,
- alle Schulden getilgt und Guthaben

bei anderen Staaten,
- die drittgrößten Gold- und Währungsreserven der Welt (90 Mild. US-Dollar),
- den 9. Platz in der Weltwirtschaft,
- die Armutsgrenze von 30% der Bevölkerung auf 15% vermindert

und

- das Realeinkommen der Bevölkerung jährlich um 12% gesteigert.

Und daraus resultiert der Zuspruch der russischen Bevölkerung für die herrschenden Zustände! Denn die Russen erleben heute: Es geht ihnen, langsam aber stetig, immer besser.

Und außenpolitisch?

Russland sieht sich einer NATO und USA gegenüber, die nichts mehr einhalten. Während es noch immer treu und brav seine Mittelstreckenraketen hinter dem Ural hat und sie nicht weiter entwickelt, tun das viele Länder. Pakistan, Indien und Israel haben inzwischen Atomwaffen, Nordkorea behauptet es. Amerikanische Stützpunkte bestehen in Nachfolgestaaten der Sowjetunion, „bunte Revolutionen“ betreiben deren Anschluss an die NATO in der Ukraine und Georgien.

In Polen und Tschechien soll ein „Raketenabwehrsystem“ gegen iranische Raketen gebaut werden, die es noch gar nicht gibt. Dazu sagt Putin, dass er „... nicht gewählt (wurde), um
mein Land an den Rand der Katastrophe zu führen ...“ Denn das Gleichgewicht in der Welt wird verändert und Russland soll nichts tun.

Versetzen Sie sich in die Lage eines Russen. Eine geschichtliche Erfahrung wird keiner vergessen: Ein Land schließt mit ihm einen Nichtangriffspakt für 10 Jahre – und überfällt es nach 2 Jahren. Ist aus russischer Sicht die heutige Situation nicht ähnlich der damaligen nach
einem Jahr? Auch mit Hitlerdeutschland gab es Verträge, und die Sowjetunion hielt sie ein.

Alte Kamellen? Wirklich?

In jüngerer Zeit war Russland uneins mit „dem Westen“ über die Perspektiven des Kosovo. Das kleine Land ist schon immer serbisch. Auf dem „Kosovo Polje“, dem „Amselfeld“, unterlagen Serben den Osmanen bei deren Expansion nach Europa. Für die Serben hat dieses Gebiet die historische Bedeutung wie für uns Deutsche der Teutoburger Wald. Russland wollte die Serben nicht als Nation demütigen und vertrat die territoriale Integrität aller
existierenden Staaten. Putin verwies damals auf viele solcher Probleme in Europa.

Stellt man das Selbstbestimmungsrecht nationaler Minderheiten höher als die territoriale Integrität der Staaten, entstehen viele Probleme. Putin zählt auf. In Osteuropa: Osseten, Abchasier, Transnistrier. In Westeuropa: Basken, Katalanen, Schotten. Ich füge hinzu: In Belgien wollen sich Wallonen und Flamen „scheiden“. Gibt man einmal nach, kann eine Kettenreaktion folgen. So warnte er vor der Unabhängigkeit des Kosovo.

Nun ist der Kosovo von NATO und USA in die Unabhängigkeit entlassen worden. Und in Georgien soll nun gelten, was Russland im Kosovo vertrat und dem man nicht folgte? Nun handelt Russland so, wie im Kosovo real geschehen und man „verurteilt“ die „Überreaktion Russlands“ in Georgien?

Gilt in der Welt zweierlei Maß? Und das übergeordnete ist stets das Maß der USA?
„Die USA sind keine Supermacht ...“ titelt Paul Craigh Roberts, stellvertretender US-Finanzminister a. D. auf einer Website einen Artikel und begründet es ausführlich. Der Mann ist nicht irgendwer. Er war unter anderem in Reagans Kabinett. Muss Russland, ein Land mit
mehr als 150 Millionen Einwohnern und dem größten Landgebiet der Erde, nach George Bushs Pfeife tanzen?

Putins Russland sorgt für seine Bürger. Es will geachtet werden. Wir sollten nicht mit Häme, sondern mit Achtung seinen Weg aus der „Schmuda“ verfolgen.

Zu bemängeln haben wir im eigenen Haus genug.

 

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